Ausstellung im Rathaus zum Thema Judentum
Am Montag, dem 18. November2019, wurde im Rathaus in Wadersloh eine Ausstellung jüdischer Alltagsgegenstände eröffnet. Diese wurde in Zusammenarbeit mit einem Geschichtskurs der Klasse 12 des Johanneums unter der Leitung von Saskia Kruse und Oliver Mayer erarbeitet. Die hierzu verwendeten Gegenstände wurden von Ernst Reinicke, der zu NS-Zeiten in einem Haus mit Juden lebte, zur Verfügung gestellt. Die Ausstellung spiegelt sowohl den Alltag wie auch die Feiertage des Judentums wieder. Hierzu gehören 18 Gegenstände, die von Menora (Kerzenständer) über Tallit (Gebetstuch) bis zur Tora (die heilige Schrift des Judentums) reichen und die kulturelle Vielfalt sowie Ethik verdeutlichen und ausschließlich aus dem 19. und 20. Jahrhundert entstammen. Zur Eröffnung der Ausstellung am Abend des 18. Novembers (2019) wendeten sich sowohl Bürgermeister Christian Thegelkamp als auch Ernst Reinicke und einige Vertreter des Geschichtskurses mit einigen Worten an die Gemeinde, um hervorzuheben, dass eine Auseinandersetzung mit der Geschichte sehr wichtig sei, ebenso wie diese für nachfolgende Generationen aufrecht zu erhalten, um ein Zeichen gegen den Antisemitismus zu setzen. Die Ausstellung kann in den nächsten Wochen im Wadersloher Rathaus besucht werden. Die Besucherinnen und Besucher können die vielseitige Geschichte und die Traditionen des Judentums kennenlernen und über die Bedeutung des Sabbats und der Tora erfahren.
Exkursion des LKs Geschichte (Q1) zum Stadtarchiv Lippstadt
Der Geschichts-LK, ergänzt durch zwei Schüler aus dem Grundkurs fuhr, begleitet von Frau Kruse, nach Lippstadt, um dort das Stadtarchiv zu besuchen um sich ein wenig mehr praktisch orientiert mit der Geschichte zu beschäftigen.
Zu Beginn räumte unsere Referentin, Frau Dr. Claudia Becker mit einigen Vorurteilen über das Archiv und den Beruf des Archivars auf, bevor sie uns erzählte, unter welchen Vorraussetzungen Quellen in das Archiv aufgenommen und archiviert werden, was welche Regelungen nach dem Archivgesetz dabei zu beachten seien. Außerdem klärte sie uns über wichtige Punkte der Lagerung auf, wie zum Beispiel, dass sämtliche Büroklammmern und metallhaltige Gegenstände von den Archivalien entfernt werden müssen, da diese sonst durch Rost die Quellen beschädigen. Dasselbe gilt für organische und säurehaltige Stoffe, wie handelsüblichen Karton, da auch hier die Archivalien durch die Säure angegriffen und zerstört werden können.
Ein Negativbeispiel für eine Archivierung zeigte uns Frau Dr. Becker im Magazin, dem Raum in dem alle Archivalien in speziellen Schränken aufbewahrt werden und der in der Regel nicht öffentlich zugänglich ist. Ein Vorgänger von ihr hatte an einer Urkunde zur Gründung des Fünfstädte-Bundes von 1200 eine Büroklammer vergessen. Die Klammer selbst wurde irgendwann entfernt – doch der Abdruck ist auch heute noch klar erkennbar, da die Büroklammer begonnen hatte zu rosten.
Ein weiteres Problem veranschaulichte uns die Dozentin ebenfalls direkt am Beispiel. Auf der Urkunde sah man deutliche helle Spuren, an den Rändern, aber auch in der Mitte und an den ehemaligen Faltkanten der Urkunde. Nager, wie Mäuse oder Ratten haben die vormals geknickte Urkunde an den damals geschlossenen Knickrändern angeknabbert, sodass jetzt, wenn man die Urkunde aufklappt, Löcher mitten auf der Seite sichtbar werden. Ich denke, dies erklärt auch, warum heutzutage kein organisches Material zur Archivierungszwecken verwendet wird; ein Befall mit Schädlingen soll so an den Quellen verhindert wird. Weitergehend beschäftigten wir uns mit den Materialen, auf denen die Urkunden zur damaligen Zeit geschrieben wurden. Zur Veranschaulichung von Papyrus und Pergament, dem Papier früherer Tage, hat uns Frau Dr. Becker von beiden Materialien Proben mitgebracht. Man fühlte und sah deutlich den Unterschied zwischen dem beiden Materialien. Beim Papyrus waren erkennbare Strukturfasern zu sehen, während im Verhältnis dazu das Pergament deutlich feiner und ebenmäßiger war.
Im Magazin erfuhren wir auch einiges über Archivalien, die von Privatleuten, wie zum Beispiel der Grafenfamilie der Scholemer, die heute noch die Eigentümer des Schloss Herringhausen ist, dem Lippstädter Stadtarchiv zur Verfügung gestellt worden sind und zu denen deshalb jeder Interessierte, der im Lippstädter Archiv etwas sucht, Zugang hat. Sie sind damit Teil des Präsenzbestands des Stadtarchivs.
In den Präsenzbestand, also den Bestand zu dem jeder Besucher Zugang hat, werden nur Archivalien aufgenommen, die mindestens dreißig Jahre alt sind, falls es sich zum Beispiel um eine Ausgabe des „Patrioten“ handelt, oder deren Hauptpersonen mindestens dreißig Jahre tot sind, oder deren Geburt 100 Jahre zurückliegt. Man würde also heute noch nichts über den Bürgermeister in Lippstadt zur NS-Zeit finden, weil er weder hundert Jahre alt ist, noch seit über dreißig Jahre tot ist.
Falls sich also jemand besonders für dieses Thema interessiert oder aber seine Facharbeit oder ein Referat über diese Person machen möchte, muss er sich, um im Archiv, und zwar in jedem Archiv in NRW, etwas zu finden, noch einige Zeit gedulden.
Zum Thema der Quellenerarbeitung für ein Referat oder in unserem Fall eher für eine Facharbeit bekamen wir von Frau Dr. Becker noch einige wertvolle Tips und Hinweise. Der Kern ihrer Aussagen lautete: „Bringt genügend Zeit mit, denn die Arbeit im Archiv dauert.“ Dafür nannte sie uns zwei Gründe; Zum einen braucht es Zeit, bis ein Archivar passendes Material gefunden hat, dann muss man selbst das Material und die Archivalien sichten, was man in welcher Form benötigt.
Und zu guter Letzt muss man die Quellen durcharbeiten und wichtiges herausschreiben. Man mag jetzt denken, dass sei alles einfach und ginge relativ schnell. Dann hat man allerdings noch nicht bedacht, dass in Deutschland erst seit den 1930 Jahren erst die lateinische Schrift verwendet wird. So ist es doch sehr schwierig von jetzt auf gleich in das Schriftbild der altdeutschen Schrift zu verstehen und alle Sätze und Wörter richtig zu entschlüsseln und zu verstehen. Dieser Vorgang benötigt ebenfalls Zeit. Dazu kommt auch die Hürde, dass Wörter aus dem Altdeutschen eine Bedeutung haben, die in einem starken Gegensatz zu unserem heutigen Hochdeutsch stehen. Als Beispiel dafür nannte uns Frau Dr. Becker das althochdeutsche Wort aus einer Akte der Stadt Lippstadt: „Kleinkinderverwahranstalt“. Ist etwa ein Kindergefängnis oder ein Heim für schwer-erziehbare Kinder gemeint? Bei weitem nicht. „Kleinkinderverwahranstalt“ steht für einen Kindergarten, der schon damals in Lippstadt existierte.
Mithilfe dieser Bezugnahme und Verknüpfung mit unseren konkreten Leben hat Frau Dr. Becker es immer wieder geschafft ihren Vortrag so interessant zu gestalten, dass es niemals langweilig wurde. Wir danken ihr und ihrer Praktikantin, sowie dem Stadtarchiv Lippstadt für einen interessanten und lehrreichen Vormittag!
Carolina Holzer